dem hab ich´s aber gezeigt, doo!

Heute morgen, 6.45 Uhr: Irgendein verblödeter Handwerker kloppt mit ´nem Vorschlaghammer auf Metallrohre - direkt neben dem Schlafzimmerfenster, versteht sich. Ich also senkrecht im Bett und sofort ab ans Fenster.

Ich: "Ja sach ma, geht´s noch?" Geselle: "Wie? Wat denn?" Ich: "Ma auf die Uhr geguckt?" Geselle: "Wieso? Is Viertel vor sieben!" Ich: "Ja genau, is Viertel vor sieben! Nicht jeder Mensch muss mitten in der Nacht aufstehen." Geselle: "Geht nun mal nich anders." Ich: "Geht nun mal nicht anders? Ich geb dir gleich, geht nun mal nicht anders, doo!" Anschließend das Fenster zugeknallt und wieder hingelegt.

Und unmittelbar darüber geärgert, dass ich am Ende nicht noch eine gewisse Steigerungsform in diese - natürlich völlig sinnlose und beinahe blamable - Szene gebracht habe. Statt mit einem einfachen "doo!" zu enden, hätte es eigentlich ein "Männeken, doo!" sein müssen. Durch das "Männeken" gibst du deinem verbalen Gegenüber noch einmal einen zusätzlichen Stoß, der so viel zu bedeuten hat wie: "Hey, ich bin nicht nur stärker als du, doo!, du hast auch noch einen zu kleinen Schwanz, du Pissbacke, doo!".

Der Grund, warum ich mich neuerdings zu solchen verbalen Entgleisungen gegenüber der arbeitenden Minderheit hinreißen lasse, ist jetzt fast schon historischer Natur. Seit einem vollen Jahr, und das sind immerhin zwölf Monate, wird nun schon das Haus nebenan grundrenoviert. (Überall wo ich hinziehe, wird kurze Zeit später die ganze Nachbarschaft abgerissen und dann jahrelang wieder aufgebaut, aber das ist eine andere Geschichte.) Mit folgendem Phänomen: Zwischen 6.45 und 7.15 Uhr wird direkt an meinem Hinterkopf ein unendlicher Lärm losgetreten. Da wird gebohrt, gehämmert, gesägt und Krach gemacht bis der Arzt kommt. Dann plötzlich, ab 7.15 Uhr, herrscht den ganzen Tag die himmlischste Stille.

Ich nehme das jetzt ausnahmsweise nicht persönlich, sondern versuche einmal hinter die Ursachen dieses Ereignisses zu kommen. Urbane Anthropologie, sozusagen.

Wenn - Achtung, jetzt kommt ein Syllogismus - die Entwicklung von Lärm notwendigerweise zur Arbeit von Handwerkern gehört, und wenn ab 7.15 Uhr kein Lärm mehr zu hören ist, dann heißt das: die Jungs kratzen sich von da an bis zum Feierabend den ganzen Tag am Sack! Die machen einfach nix mehr.

Die kommen am viel zu frühen Morgen an, veranstalten einen riesen Lärm, damit alle wissen, dass sie angekommen sind, und dann ist Schluss. Dann werden die Mettbrötchen und die Bildzeitung ausgepackt und erstmal die erfunden Sexabenteuer vom Wochenende zum Besten gegeben.

Das ist ungefähr so, wie ich seit Jahrzehnten beim Flur wischen vorgehe. Man wählt sich einen Zeitpunkt, an dem jeder im Haus ist, Samstag nachmittags zum Beispiel. Dann kommt erst der Holzbesen, und der wird mindestens zwanzig Mal gegen die Holzstufen gerammt: Plöng. Plöngplöng. Plöng! Damit das ganze Haus die Geräusche hört. Der Rest ist Formsache: Wasser verteilen und pures Putzmittel in die Ecken tröpfeln, damit es noch bis zum Abend feucht ist und duftet. Dauert nur zwei Minuten, trägt aber ungemein zum Frieden mit den Nachbarn bei!

Genau das machen die Handwerker auch. Und deshalb dauert die Renoviererei nebenan jetzt schon ein Jahr, und ein Ende ist nicht in Sicht. Und deshalb werden in der ganzen Bauwirtschaft nur noch billige, schwarzarbeitende Polen eingesetzt. Die wären jetzt nämlich schon seit einem halben Jahr fertig.

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