nachbars garten
Sehr schön finde ich, hin und wieder die eigenen Abneigungen zu überwinden und sich mal mit jenen Weblogs zu beschäftigen, die einen schon aufgrund ihres völlig bescheuerten Names eher spröde bei dem Versuch abblitzen lassen, einfach mal einen kleinen Neugierde-Klick zu wagen. So geht es mir jetzt schon eine lange Zeit bei dem Nachbarn mit der Schleim-Besessenheit. Aber dann überwindet man sich, wühlt sich durch die angebotenen Verweise und entdeckt schließlich in Nachbars Garten sowas hier. Schöner Hinterhof.
alternativurlaub für wenig geld
Für alle, die wie ich daheim bleiben, und sich bei diesem Wetter in andere Gefilde sehnen: Die weite Reise, eine kleine Sammlung von "Mittelmeergeschichten" aus dem Wagenbach-Verlag. Nur 9,90 Euro und schon buchtechnisch geschmackvoll aufgemacht. Inhalt: Kurze bis sehr kurze Erzählungen - zumindest mir - meist völlig unbekannter Autoren aus dem Mediterranen. Noch nicht alles gelesen, aber was ich bisher gelesen habe hat sehr gefallen.
Für alle, die es mit den exotischeren Reisen haben: Chatwins Rucksack, ein neues TB mit literarischen Skizzen von und über Bruce Chatwin, auch nur 7,90 Euro.
Und als Erinnerung für mich: Im Garten des Lichts, Mit Chatwin durch Afghanistan, erscheint demnächst.
etatismus: wie der staat den kapitalismus retten soll
Ich bin immer wieder überrascht über die deutsche Staatsgläubigkeit. Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, der diesmal für Rot-Grün in den Wahlkampf zieht, will jetzt sogar den globalen Kapitalismus vor sich selbst schützen.
Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass der Kapitalismus sich nicht selbst zerstört.
"Wir" heißt natürlich der Staat. Und der Staat, das sind die Parteien auf der einen und die Bürokraten auf der anderen Seite.
Doch erst einmal zu Herrn Grass: Ich finde es gar nicht schlimm, dass er sich auf seine alten Tage zum Kapitalismus-Retter machen will, das kann er meinetwegen tun. Auch sein Alarmismus bezüglich der aktuellen Situation von Global Playern wie Enron, Worldcom oder Vivendi ist okay. In der Tat erleben wir derzeit eine Neubewertung der Frage, was unsere Wirtschaft eigentlich wert ist und wie sie in Zukunft aussehen könnte.
Aber ich glaube es ist völlig überzogen, vom "Erodieren" des Kapitalismus zu sprechen. Es zeigt im Gegenteil, das der Kapitalismus sehr lebendig ist und funktioniert. Die Reaktionen der Börse und der Wirtschaft allgemein sind weder unfehlbar noch immer völlig rational, aber im Endeffekt generieren sich immer wieder rationale und realitätsnahe Zustände. Wenn ich mir die DAX 30-Unternehmen anschaue, glaube ich zum Beispiel, dass ein DAX bei 3000 den Wert dieser Unternehmen am ehesten widerspiegeln würde. Ich würde jedenfalls in kein einziges dieser Unternehmen investieren, weder in die Bankditen noch in die Versicherer oder die anderen Old-Economy-Kolosse, die durch das Scheitern der NE ja keinesfalls besser geworden sind.
Absolut daneben ist jedoch, ausgerechnet dem Staat die Fähigkeit zuzutrauen, die Wirtschaft zu heilen. Der Staat kann sich ja nicht einmal selbst reformieren. Grass folgt hier einem sehr unreflektierten Etatismus, der sich quer durch alle Parteien und Strömungen zieht und den man vielleicht als sozialdemokratisches Heilungsversprechen bezeichnen könnte: Wir nehmen jede Ungerechtigkeit der Welt auf unsere Schultern und alles wird gut. Nein, gar nichts wird gut. Es wird nur neu verwaltet. Und was verwaltet wird, erstickt. Es ist wirklich nicht chic hier zu Lande, eine liberale Haltung zu propagieren, weil diese unselige FDP existiert, aber deshalb muss man doch nicht immer noch an den Staat glauben. Der Staat ist eine sehr ineffektive, teure und nur selten gut funktionierende Organisation. Mein Gott, das weiß doch im Grunde jeder. Und trotzdem immer und immer wieder nach dem Staat zu schreien ist doch mehr als blöd. Aber dann ist da immer die Angst, den Leuten Selbstverantwortung abzuverlangen.
Die Kunst des Schwadronierens
"Das Dekantieren muss mit äußerster Zartheit vor sich gehen. Es ist ein symbolischer Akt. Wir gehen mit dem Wein so um, wie wir mit unseren Gästen oder mit uns selbst umgehen wollen. Das Dekantieren gibt dem Genuss: Liebe. Liebevolle Hingabe an die Dinge, an die Freude, an uns selbst. Ein Überströmen. Genuss kommt von küssen. Der Genuss ist ein Kuss ..."
Gero von Randow: Genießen. Eine Ausschweifung, Hoffmann & Campe 2001. Über 200 Seiten in genau diesem Stil.
Nützlich, das Glossar. Da erfahren wir:
"Tofu Japanische Paste aus Sojabohnen. Schmeckt wie japanische Paste aus Sojabohnen."
Suhrkamp-Boykott
Gibt es bereits irgendwo eine Anlaufstation, wo man in Solidarität mit dem Schockwellenreiter einen Suhrkamp-Boykott unterstützen kann?
So scheißegal mir der Walser ist, aber bei den Suhrkämpern tickt´s doch nicht mehr richtig.