Randnotizen von der Autobahn
Glücklicherweise ist es schon länger her, dass ich so oft auf deutschen Autobahnen unterwegs war wie in den letzten Tagen. Und vielleicht sind mir deshalb einige Dinge aufgefallen.
Früher erkannte man miese Fabriken daran, dass sie ihren Außendienstlern grässliche Opel Omega zur Verfügung stellten. Und weil sie für eine so miese Fabrik in einem so elendig miesen Job unterwegs waren, mussten die kleinen, dicken, grauen Männer mit rosanen Hemden und grünen Krawatten ihren beschissenen Dienstpopelopel mit 220 über die Bahn prügeln. Und jeder, der ihnen dabei im Weg stand - also eigentlich jeder - wurde erbarmungslos bedrängelt und zum sofortigen Rechtsfahren genötigt. Am liebsten jagten sie vor einem 5er BMW her, um den Typen aus den besseren Fabriken zu zeigen, was hier eine Harke ist. Dabei merkten sie natürlich nicht, dass auch BMW-Fahrer nur kleine, hundserbärmliche, arschkriechende Neurotiker sind, die den noch größeren Frust über ihre bessere, dass heißt noch viel schlimmere Fabrik genauso dämlich-archaisch verarbeiteten wie sie selbst. Überhaupt sollten BMW-Fahrer verboten werden, aber das nur nebenbei. Nun jedenfalls - ich war erstaunt darüber, dass der Opel Omega als Dienstgefährt für gefrustete Außendienstler verschwunden ist. Die fahren jetzt nämlich alle Audi. Ich vermute, wegen der Nomenklatur. Die heißen ja jetzt A4, A6 und A8. Was erstmal nichts sagt, denn die sehen alle gleich aus. Ich jedenfalls kann da keinen Unterschied erkennen. Aber die Zahlen, die sagen ja eine Menge über den Status in der Firma aus. A4, das fährt das Fußvolk. A6, das ist das mittlere Management. A8 ist dann die Chefebene. Der Chef selbst fährt dann den Benz. Das macht sich wirklich gut als Anreizsystem in einer ansonsten unflexiblen und durchbürokratisierten deutschen Fabrik. "Hör zu, Sohn, du sollst es eines Tages besser haben als ich. Vielleicht bringst du es ja zu einem A6!" Das gleiche gilt aber auch für die 3er, 5er und 7er BMWs. Habe ich übrigens schon gesagt, dass man BMW-Fahrer verbieten sollte?
Verändert hat sich auch die Überwachung der Autobahnen durch unsere geliebten Freunde von der noch-grünen Fraktion. Bislang noch nicht gesehen habe ich zum Beispiel, dass die ihre Radarfallen jetzt auch am Ende einer Baustelle aufstellen. Also dort, wo man schon wieder etwas Gas gibt und locker weiterfahren kann. Jau, genau da stand ein Blitzer. In letzter Sekunde noch auf die Bremse getreten. Ebenfalls noch nicht erlebt, dass die Dinger jetzt kilometergenau getimt sind. Vor mir wurde ein BMW geblitzt, der höchsten fünf Kilometer schneller fuhr als erlaubt. Es hat den Richtigen erwischt, keine Frage, denn was ich immer schon sagen wollte: BMW-Fahrer sollten sowieso verboten werden. Aber zweit Stunden später hat es mich selbst erwischt. Ein ganz fiese Falle auf der A1 zwischen Münster und dem Kamener Kreuz. Erst ist 120, dann 100, dann 80. Zuviel Verkehr, um den Kasten zu sehen. Zack, ich mit 90 (!!!) unterwegs, schon geblitzt. 100 Meter weiter war wieder 120 erlaubt. Es müsste einen Paragraphen geben, der das verbietet. Nötigung von Staatsbürgern oder so.
Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ist überflüssig. Entweder, es ist eh 120 oder 100 angesagt, oder man steht im Stau. Überhaupt ist schnelle Fahren nichts anderes als eine Verkürzung der Zeit zwischen den Staus. Aber das werden BMW-Fahrer niemals verstehen. Dafür sind sie zu dumm.
Jeder zweite LKW - und es gibt verdammt viele LKWs da draußen - kommt mittlerweile aus dem Ausland. Polen, Litauen, Ungarn, Holland sowieso, Skandinavien usw.
An der A1 stand ein Flugzeug auf einem Parkplatz. Habe nicht schlecht gestaunt. Fünf Minuten, nachdem ich vorbei war, wurde die gesamte Bahn für eine Stunde gesperrt, damit das Ding wieder starten konnte. Das hätte mich meinen Termin gekostet, aber was soll's. Wieder einige neue Dinge gelernt.
Good News
gibt es ja selten genug. Heute rief mich die Werkstatt an: "Sie können ihr Auto abholen, es ist fertig." Ich: "Hä? Sie sollten doch erstmal, ähm, ..." Werkstatt: "Nein, alles in Ordnung. War das ein Test für Auto-Bild?" Ich: "Neeee?!?" Werkstatt: "Na gut. War nur ein Schlauch los, jetzt bremst er wieder." Und bezahlen musste ich nix. Das es sowas noch gibt. Dafür ein dickes Lob an Arnst Auto Technik in Eimsbüttel, die einen neuen Kunden gewonnen haben. (Und ich muss morgen doch nicht Zug fahren, puhh!)
Irgendwas verpasst?
Einige Tage unterwegs gewesen, und jetzt frage ich mich, ob ich wirklich etwas verpasst habe. Ich glaube nicht, aber hier die wichtigsten Neuigkeiten in Kurzform:
Es ist hässliches Wetter in Hamburg. +++ Mein Auto ist kaputt. Deshalb muss ich morgen um 5.47 Uhr den Zug nehmen, was mich wirklich deprimiert. +++ Dirk Manthey auf die Frage, ob es Max und Tomorrow im kommenden Sommer noch gäbe: "In einer solchen Zeit tut man gut daran, nichts zu garantieren". (BumS-Zeitung) +++ Laut new business wird Aldi demnächst eine eigene TV-Programmzeitschrift bekommen, wie jetzt bereits Karstadt und Tchibo. +++ Angeblich werkeln bei Gruner und Jahr Ex-Jetztler an einem neuen Jugend-Magazin. Auch die Arbeiten am Männermagazin Look sollen weiter gehen. +++ In der Türkei regieren jetzt Islamisten. Schlechter als die letzten Regierungen werden sie aber kaum sein können. +++ Schalke hat ausnahmsweise mal wieder in der Bundesliga gewonnen.
Und: was verpasst?
Max hat ausgemorixt
Nachdem hier in den vergangenen Monaten mehrfach über ein baldiges Ende von Max spekuliert wurde, soll jetzt nicht unerwähnt bleiben, dass das Magazin ab Dezember wieder monatlich statt vierzehntäglich erscheint. Damit ist das Konzept, neben dem Stern eine jüngere Illustrierte zu etablieren, für den Milchstraßen-Verlag gescheitert. Gleichzeitig wird ein Großteil der Redaktion auf die Straße gesetzt - wieder als ein lilalaune-Pinkslip.
Für Dirk Manthey, den Verleger der Milchstraße, ist das die dritte bittere Niederlage in Folge. Zuerst gingen die hochfliegen Pläne mit Tomorrow als 14-täglicher "Programmzeitschrift für das Internet" nicht auf, dann musste "Net-Business" zu Grabe getragen werden. Doch Max setzt all dem die Krone auf, denn die Pläne waren extrem ambitioniert. Viele gute Leute wurden von Stern und Spiegel für viel, sehr viel Geld abgeworben. Und eine so große Redaktion auf Dauer zu subventionieren, dafür reicht auch das Geld eines so erfolgsverwöhnten Verlegers wie Manthey nicht aus.
Aber warum ist Max eigentlich gescheitert?
Ich glaube, es liegt vor allen an den internen Strukturen des Milchstraßen-Verlages. Max hätte nicht scheitern müssen, wenn es ein vernünftiges, vom Verleger weitgehend unabhängiges Management gegeben hätte. Aber das gab es nicht. Chefredakteure - und es waren bei Max ja mehrere - werden in der Milchstraße normalerweise als ausführende Organe der Verlagsetage gehalten, ohne die letztendlich notwendigen Entscheidungskompetenzen. Der gängige Euphemismus lautet, es handele sich um ein Haus mit einem "aktiven Verleger". So etwas kann in der Tat positiv sein, muss es aber nicht. Vor allem dann nicht, wenn sich Erfolgsrezepte der Vergangenheit so lange perpetuieren, bis keiner mehr zu sagen wagt, dass sie nicht mehr der Realität entsprechen und notwendigen Innovationen im Weg stehen. Die Folge ist ein eingespieltes, ja geradezu reflexhaftes Verhalten, was unweigerlich zum Misserfolg führt. Und genau jenes Reflexverhalten konnte man in den vergangenen zwei Jahren als Beobachter der Milchstraße feststellen. Manchmal kann man noch so oft J.Lo, C.Schiffer oder H.Klum auf den Titel heben, aber es rührt sich halt nichts bei den potenziellen Käufern am Kiosk. Und je öfter man diesen Reflex vollzieht, desto weniger inhaltliche Glaubwürdigkeit wird man erhalten. Und Glaubwürdigkeit ist nun einmal dass, was die großen Wochenmagazine vom Rest des gedruckten Lifestyle-Mülls unterscheidet. Diesen Schritt über das Ufer, den Schritt vom Populismus zum Journalismus, den konnte und wollte die Milchstraße mit Max nicht vollziehen. Und deshalb ist das Konzept Max gescheitert.
Die Welt nach der Wahl
Ich bekomme in den letzten Tagen sehr viel Post. Und jeder Brief enthält dieselbe Botschaft: Sehr geehrter Herr Meise, leider mussten wir unsere Beiträge erhöhen. Krankenkasse, Rentenversicherung, ergo auch die KSK, mein Stromlieferant, mein Gaslieferant, alle kommen sie jetzt aus ihren Löchern und präsentieren die Quittung für das Wahlergebnis. Ich würde meinen letzten verbliebenen Auftraggebern gerne auch so einen Brief schreiben. Sehr geehrte Damen und Herren, aufgrund des insgesamt gestiegenen Ausgabenniveaus muss ich ihnen in Zukunft leider 15 Prozent mehr in Rechnung stellen. Stattdessen, na ja, vergesst es. Das macht alles keinen Spaß mehr. Schon gar nicht, wenn sich die Lichtverhältnisse draußen 0 Lux nähern, der Regen vom Sturm gegen die Fensterscheiben gepeitscht wird und ich eigentlich meine Steuern machen müsste, bevor dann das Zimmer aufgeräumt werden muss. Da ist es doch kein Wunder, wenn die alljährliche Herbstdepression mit Wucht durchschlägt. Da kann man sich eigentlich nur noch ablegen oder ablenken, vielleicht heute mit dem Sonnensystem-Simulator der NASA. Nettes Spielzeug. Wie sieht Planet X von Planet Y am Tag Z aus. Besser als nachdenken und ärgern.
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